(Schriftliche Frage Nr. 362 für den Monat Oktober 2024)

Frage:

Stehen deutsche Bundesbehörden und die Staaten Lateinamerikas in aktivem Kontakt zur Bekämpfung von Geldwäsche, und wenn ja, wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den Behörden in der Praxis, und wird insbesondere durch die neue Politik der kolumbianischen Regierung gegenüber der Drogenmafia die Zusammenarbeit beeinflusst?

Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Florian Toncar vom 30. Oktober 2024:

Deutschland ist Mitglied der 1989 als G7-Initiative gegründeten „Financial Action Task Force“ (FATF). Die FATF beobachtet die weltweiten Risiken im Bereich der Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und der Finanzierung von Massenvernichtungswaffen (Proliferationsfinanzierung), legt internationale Standards zu ihrer Bekämpfung fest und prüft die Länder und Jurisdiktionen auf Einhaltung dieser Standards im Rahmen regulärer Länderprüfungen. Derzeit gehören der FATF 40 Mitglieder an, darunter mit Argentinien, Brasilien und Mexiko drei MS aus Lateinamerika. Bei der FATF handelt es sich um eine zwischenstaatliche Organisation mit Sekretariat in Paris, das infrastrukturell von der OECD unterstützt wird, aber von ihr unabhängig ist. Die FATF hat 9 Regionalorganisationen, in der weitere Staaten und Jurisdiktionen die Einhaltung der Standards durch ihre Mitglieder überprüfen und die zusammen mit der FATF das sog. Global Network bilden. Weltweit verpflichten sich damit rund 200 Staaten zur Umsetzung des FATF-Standards.

Bei der lateinamerikanischen FATF-Regionalorganisation GAFILAT hat Deutschland den Status eines Observers. Deutschland nimmt dreimal jährlich am FATF-Plenum und den fünf Arbeitsgruppen der FATF sowie im Rahmen seines Observer Status an Plenaries von GAFILAT teil. Eine direkte, bilaterale Zusammenarbeit mit Behörden lateinamerikanischer Länder und im speziellen Kolumbiens besteht daher im Rahmen der FATF nicht. Behörden aus lateinamerikanischen MS entsenden Mitglieder als Teil Ihrer Delegation bei FATF und GAFILAT. Der Zoll und das Bundeskriminalamt beteiligen sich an nationalen sowie internationalen Kooperationsformaten. Es erfolgt eine grundsätzliche Zusammenarbeit mit den Behörden in Kolumbien im Bereich der Kriminalitäts- sowie der Geldwäschebekämpfung. Darüber hinaus gibt es Bestrebungen der Bundesregierung, die polizeiliche Zusammenarbeit mit Südamerika (Brasilien, Peru, Ecuador und Kolumbien; vereinbart bei Südamerika-Reise vonBMin Faeser im Februar/März 2024) zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität und des Drogenhandels zu intensivieren. Dies schließt begleitende Kriminalitätsfelder wie Geldwäsche und die Durchführung von Finanzermittlungen sowie vermögenssichernde und – abschöpfende Maßnahmen ein. Mit Bezug auf die FIU kann die Beantwortung nicht offen erfolgen, sondern wird gemäß der Verschlusssachenanweisung (VSA) als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft in der Anlage 1 vorgenommen. Begründung der Einstufung für die FIU: Eine Kenntnisnahme der Informationen der FIU durch Unbefugte kann für die Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder mindestens nachteilig sein. Entsprechend den internationalen Standards der Financial Action Task Force (FATF) und den europarechtlichen Vorgaben arbeitet die FIU im Rahmen ihrer Aufgaben und Befugnisse fachlich unabhängig. Insbesondere die Arbeitsabläufe und Analyseschritte der operativen Analyse und die dabei erlangten Erkenntnisse unterliegen strengen Geheimschutzregelungen. Ein Bekanntwerden der internen Arbeitsweise, der Leistungsfähigkeit der FIU und der Modalitäten der vertraulichen Zusammenarbeit mit ihren Partnerbehörden und deren Methoden würde Ermittlungserfolge im Bereich der Bekämpfung der Geldwäsche, der Terrorismusfinanzierung und der Sanktionsumgehung gefährden. Dies kann für die wirksame Erfüllung des gesetzlichen Auftrages der betroffenen Behörde und somit für die Sicherheit und die Interessen der Bundesrepublik Deutschland mindestens nachteilig sein. Die erbetenen Angaben werden daher als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft und dem Deutschen Bundestag gesondert übermittelt. Eine weitergehende Beantwortung der Frage ist nicht möglich. Gegenstand des Informations- bzw. Auskunftsersuchens sind in Teilen solche Informationen, die in besonders hohem Maße Erwägungen des Staatswohls berühren und daher selbst in eingestufter Form nicht beantwortet werden können.

Das verfassungsmäßig verbürgte Frage- und Informationsrecht des Deutschen Bundestages gegenüber der Bundesregierung wird durch schutzwürdige Interessen von Verfassungsrang begrenzt, wozu auch und insbesondere Staatswohlerwägungen zählen. Eine Offenlegung der angeforderten Informationen und Auskünfte birgt die konkrete Gefahr, dass Einzelheiten bekannt würden, die unter dem Aspekt des Schutzes der nachrichtendienstlichen Zusammenarbeit mit ausländischen Stellen besonders schutzbedürftig sind. Eine öffentliche Bekanntgabe von Informationen zum angefragten Sachverhalt und die damit einhergehende Kenntnisnahme durch Unbefugte würde erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Zusammenarbeit des Bundesnachrichtendienstes (BND) mit ausländischen Nachrichtendiensten haben. Würden in der Konsequenz eines Vertrauensverlustes Informationen von ausländischen Stellen entfallen oder wesentlich zurückgehen, entstünden signifikante Informationslücken mit negativen Folgewirkungen für die Genauigkeit der Abbildung der Sicherheitslage in der Bundesrepublik Deutschland sowie im Hinblick auf den Schutz deutscher Interessen im Ausland. Dies würde folgenschwere Einschränkungen der Informationsgewinnung bedeuten, womit letztlich der gesetzliche Auftrag des Bundesnachrichtendienstes – die Sammlung und Auswertung von Informationen über das Ausland, die von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland sind (§ 1 Abs. 2 BNDG) – nicht mehr sachgerecht erfüllt werden könnte. Die Gewinnung von auslandsbezogenen Informationen ist für die Sicherheit und Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland sowie für die Aufgabenerfüllung des Bundesnachrichtendienstes jedoch unerlässlich. Eine VS-Einstufung und Hinterlegung der angefragten Informationen in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages würde ihrer erheblichen Brisanz im Hinblick auf die Bedeutung für die Aufgabenerfüllung des BND nicht ausreichend Rechnung tragen. Die angefragten Inhalte beschreiben die Fähigkeiten des Bundesnachrichtendienstes so detailliert, dass daraus unmittelbar oder mittelbar Rückschlüsse auf die Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten und die Arbeitsweisen des BND gezogen werden können. Eine Bekanntgabe dieser Informationen, auch gegenüber einem begrenzten Kreis von Empfängern, kann dem Schutzbedürfnis somit nicht Rechnung tragen, da bei einem Bekanntwerden der schutzbedürftigen Information kein Ersatz durch andere Instrumente der Informationsgewinnung möglich wäre. Aus dem Vorgesagten ergibt sich, dass die erbetenen Informationen derart schutzbedürftige Geheimhaltungsinteressen berühren, dass das Staatswohl gegenüber dem parlamentarischen Informationsrecht wesentlich überwiegt. Insofern muss ausnahmsweise das Fragerecht der Abgeordneten gegenüber dem Geheimhaltungsinteresse der Bundesregierung zurückstehen. Dabei ist der Umstand, dass die Antwort verweigert wird, weder als Bestätigung noch als Verneinung des angefragten Sachverhalts zu werten.