(Schriftliche Frage Nr. 682 für den Monat November 2023)

Frage:

Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über Risiken des Schattenbankensektors für die Finanzstabilität und die entsprechenden Off-Balancesheet-Aktivitäten deutscher Banken vor, und welchen Handlungsbedarf sieht sie vor diesem Hintergrund (www.derstandard.at/story/3000000196054/gef228hrliche-schattenbanken)?

Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Florian Toncar vom 6. Dezember 2023:

Der Nichtbanken-Finanzsektor (NBFI), auch Schattenbankensektor genannt, besteht aus allen Finanzunternehmen außerhalb des Bankensektors wie Versicherungen, Pensionskassen und Investmentfonds. Die größten Akteure des deutschen Nichtbanken-Finanzsektors sind Lebensversicherer und offene Investmentfonds. Sowohl Versicherungsunternehmen als auch Investmentfonds unterliegen in der EU und in Deutschland strengen regulatorischen Vorgaben (siehe Solvency II, AIFMD, UCITS, KAGB) und einer entsprechenden Aufsicht, die die Risiken für die Finanzstabilität begrenzen. Laut Finanzstabilitätsbericht 2023 der Deutschen Bundesbank hat sich die Risikolage im deutschen Versicherungssektor trotz stiller Lasten und Liquiditätsrisiken verbessert. Der Median der aufsichtlichen Solvenzquoten liegt danach im zweiten Quartal 2023 bei knapp unter 600 % und damit rund 200 Prozentpunkte über dem Wert von Ende 2021. Der deutsche Investmentfondssektor hat laut Deutscher Bundesbank im Niedrigzinsumfeld der vergangenen Jahre seine Fristentransformation verstärkt und die durchschnittliche Kapitalbindungsdauer seiner Anlagen ausgeweitet. Dies macht deutsche Fonds im globalen Zinsanstieg tendenziell verwundbarer. Laut Finanzstabilitätsbericht der Deutschen Bundesbank zeigt sich der deutsche Fondssektor aber insgesamt stabil. Zudem werden darlehensvergebende Fonds, Hedgefonds und Geldmarktfonds am Standort Deutschland kaum aufgelegt. Die starke Vernetzung innerhalb des Fondssektors, mit anderen Sektoren sowie international, kann zu Ansteckungseffekten führen. Der Nichtbanken-Finanzsektor steht deshalb vor allem auch auf internationaler Ebene im Fokus der mikro- und makroprudenziellen Aufseher. Sofern Banken Anteile an Hedgefonds, Geldmarktfonds oder anderen Investmentfonds halten, sind diese zu bilanzieren. Gemäß § 340a HGB haben Kreditinstitute auf ihren Jahresabschluss die für große Kapitalgesellschaften geltenden Vorschriften anzuwenden. Die Deutsche Bundesbank erachtet diese als grundsätzlich angemessen, um ein entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu vermitteln. Sollte eine Bank eine Beteiligung an einem Unternehmen halten, für das das Risiko besteht, dass die Bank beschließt, dem Unternehmen unter Stressbedingungen finanzielle Unterstützung zu gewähren, selbst wenn sie vertraglich dazu nicht verpflichtet ist, sind zudem geeignete Maßnahmen festzulegen. Zu diesen Maßnahmen kann unter anderem die Einbeziehung des betreffenden Unternehmens in den aufsichtlichen Konsolidierungskreis der Bank zählen. Der Bundesregierung ist die laufende Beobachtung von Finanzstabilitätsrisiken im Bankenund Nichtbanken-Finanzsektor durch nationale Behörden und internationale Gremien wichtig, auch um potentielle Risiken und Ansteckungseffekte aus anderen Bereichen und Ländern zu erkennen. Wie im Koalitionsvertrag vereinbart, setzt sich die Bundesregierung sowohl auf internationaler Ebene im Financial Stability Board (FSB) bei der Überarbeitung bestehender Empfehlungen als auch auf EU-Ebene bei der Umsetzung der FSB-Empfehlungen für eine angemessene Regulierung ein, um systemische Risiken aus dem Nichtbankensektor zu begrenzen. So unterstützt die Bundesregierung das Arbeitsprogramm des FSB zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit und der Transparenz des NBFI-Sektors.